Pilzgeflecht am Bahnhof

Veröffentlicht am 15. März 2025 um 18:11

Verzerrte Gestalten durchtränken den alten Bahnhof, ein einheitliches schwarzgrau legt sich erdrückend auf mich nieder, ich spüre nichts als leere, fröstelnde leere.

Schamerfüllt atme ich aus und gleichzeitig wieder ein, es riecht nach Bahnhof das nehme ich gerade noh wahr. Mein Körper verlässt seinen gewohnten Raum und setzt sich neben mich auf die beschädigte alte Holzbank. Still betrachten wir uns. Regungslos starren mich grosse schwarze Pupillen an. Eine Silhouette meiner selbst die ich nicht sein möchte in dieser Sommernacht, die sich anfühlt wie ein klumpiger, bösartiger Wintertumor. Wie lange wird das dauern? Schau mich nicht so an du Gestalt. Ich verfluche dich. Eine liebevolle Berührung solltest du mir geben. Stattdessen ein kaltes stummes glotzen. Es ist warm, aber mir ist kalt. Ich höre schallendes Gelächter im Bahnhofstunnel. Ich bleibe sitzen. Ich werde dafür sorgen, dass nichts mehr durchdringt in dieser Nacht flechte ich ein lammelenartiges Netzgewebe aus Pilzsporen. Das fragile Flechtwerk wird mir homogenes lethargisches vollkommen sein In ermöglichen. In Zukunft lebe ich in einem Gleichklang mit der Subjektiven Neutralität nichts wird mich emotional überwältigen. Vor deinem Heimgang spürte ich eine wärme oder ich mutmasste sie. Eine Zweifelhaftigkeit die mich bis heute entzweit. Die Kontur starrt mich missbilligend an. Ein unerwünschter Schattenriss durchdringt meinen Körper wie ein Blitzgewitter. Ich entgleise am Bahnhof in eine abstrakte Dimension einer optischen Täuschung meiner Selbst. Es bildet sich eine fragmentarische Illusion zwischen Wahrheit und Lüge. Ich irre durch das Alltagslabyrinth des gottverlassenen Bahnhofs. Nur mit grosser Mühe finde ich den Weg nach Hause, in dem ich nie so richtig zuhause war. Ein wunderschönes Haus auf einer Anhöhe lichtdurchflutet moderne 70 er und ein Bad mit hässlichen dunkelgrünen Fliesen. Draussen war es immer schön. Ich liege im Bad am Boden und starre an die Decke. Elende Sporen überall.

Morgen wird alles gut.

2025

Text 

Claudia Rohner 

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